In der Psychoneuroimmunologie wird der Zusammenhang zwischen seelischen Traumata, dem Nerven- und dem Immunsystem untersucht. Dabei zeigen sich faszinierende Zusammenhänge, die darauf hinweisen, dass sich seelische Empfindungen sehr direkt auf die Kompetenz des Immunsystems auswirken. Wenn ein Mensch unter Ängsten leidet, wenig Lebensfreude empfindet, immer depressiver wird und die Hoffnung auf die Zukunft verliert, nimmt die unbewusste Todessehnsucht überhand. Dies schwächt die Immunabwehr, lähmt die Lebenskraft und blockiert die Reparatur von geschädigten Zellen.
Wenn in der Kindheit zu starke Defizite in der Beziehung zu den Eltern entstanden sind, werden grundlegende Ängste später stärker ausgeprägt sein. Das Ich ist dann instabiler, mitmenschliche und psychologische Konflikte werden verdrängt. Es fällt dann schwer, eigene Wünsche und Bedürfnisse zu äußern, die vorhanden sind. Die Folge: Man versucht das Ganze durch Überaktivität, zu große Anpassung und Härte gegen sich selbst zu überspielen. Diese sogenannte „überdeckte Hemmung“ zeigt sich irgendwann doch – entweder in seelischen Problemen oder als ein körperliches Krankheitsbild, das zur „Kontaminierung eines Organs“ z.B. mit Krebszellen führt. Dr. Colditz, ehemaliger Chefarzt der Chirurgie, erklärt aufgrund seiner Untersuchungen, dass die meisten Krebskranken von dem Trauma betroffen sind, ein „unerwünschtes“ Kind zu sein. Sie haben unterbewusst die Ablehnung ihrer Umgebung schon im Mutterleib aufgenommen.
Prof. Grossarth-Maticek ist Arzt und Professor an der University of Peace (Universität des Friedens) der Vereinten Nationen. Er führte von 1973 bis 1996 die größte Langzeitstudie zu psychosozialen Entstehungsfaktoren von Krebserkrankungen durch. Dabei wurden 33.854 Personen zu Gesundheitsverhalten, Risikofaktoren, zur Fähigkeit, Stress zu bewältigen und der psychischen Situation befragt. Nach dieser Studie sind seelische Ursachen maßgeblich an der Krebsentstehung beteiligt.
Auf der Basis dieser Erfahrungen hat Grossarth-Maticek zusammen mit Prof. Helm Stierlin ein Autonomie-Training entwickelt, um zur Verhinderung der Metastasenbildung und zur Genesung von einer Krebserkrankung beizutragen. Dabei wird mit den Betroffenen gemeinsam nach den Quellen von Wohlbefinden gesucht, die aktuell verfügbar sind. Hier gilt es, realistische von unrealistischen Ansprüchen zu unterscheiden und im Lebenssystem, d.h. im individuellen Erfahrungsfeld anzusetzen. Die Studie zeigt eine wesentliche Besserung der Heilungsrate um 40%, wenn dieses Autonomietraining durchgeführt wird.
Bedeutsam für die Krebsentstehung sind insbesondere seelische Traumata, Schicksalsschläge, die nicht richtig verarbeitet werden. Das Leben fordert heute von vielen Menschen, im Beruf und in der Öffentlichkeit richtig zu funktionieren. Wer Schwäche zeigt, wird als schwach angesehen.
„Er/sie war so tapfer in dieser schweren Stunde“, so oder ähnlich wird eine Eigenschaft beschrieben, die angeblich eine Tugend sein soll, aber letztlich nichts anderes ist als ein Akt der Verdrängung. In früheren Zeit gab es Trauerweiber, die dem Schmerz durch lautes Rufen und Klagen öffentlich Ausdruck verliehen haben. Heute wird das Leiden aus dem öffentlichen Raum entfernt, da es die schöne neue Welt stört.
Den Klärungsprozess zulassen
Eine nicht gelöste Spannung führt zu einer verdeckten Dauerspannung, die sich nicht nur seelisch, sondern auch körperlich zeigen kann. Wenn ein Empfinden in einem bestimmten Augenblick da ist, will es empfunden und angenommen werden. In gewisser Weise ist es ein Naturprozess, ein Ausdruck des Lebensstroms. Das Empfinden, z.B. die Trauer, kommt, fließt durch uns hindurch und hinterlässt danach einen Zustand der Ruhe und Klarheit, in dem der Neuanfang möglich wird. Dieser Naturprozess entspricht der griechischen „katharsis“, der seelischen Klärung, die auch durch das Nacherleben von Kunst, z.B. den Schicksalsverwicklungen des Dramas, des Epos oder der Sage, in Gang gesetzt werden kann.
Durch den Klärungsprozess hindurch zu gehen bedeutet in diesem Augenblick Schmerz. Wir wollen aber dem Schmerz ausweichen. Die Energie, die wir aufwenden, um den Schmerz in seinem Versteck zu halten, ist oft um ein Vielfaches größer als der ursprüngliche Schmerz. Gebundene Energie ist eine Blockade für das gesamte seelische und körperliche Gleichgewicht, für den Fluss des Lebens. Kann ein Schmerz so stark sein, dass wir ihn nicht aushalten können? Dass wir wegsehen müssen und sagen: „Du Schmerz bist so viel größer und stärker als ich; deshalb bin ich Dir nicht gewachsen!“ Was ist der Schmerz? Er ist Ausdruck des Lebensprozesses in uns. Er zeigt: Hier ist etwas im Ungleichgewicht, hier will etwas geheilt werden.
Wir können nun verstehen: Wenn der Schmerz ein Teil des Lebensprozesses ist, kann er nicht stärker als die Gesamtheit des Lebensprozesses sein. Und doch! Wenn wir nachfühlen, kommt dieses abgrundtiefe Empfinden, diese Wucht des Schmerzes, diese namenlose Angst vor dem Aufprall eines doch nie endenden Abgrundes. In jedem Menschen kann sich dieses Empfinden in anderer Schattierung äußern, diese grundlegende Lebensangst, die uns zu zerstören meint. Hoffnungslosigkeit, Aufgeben und depressives sich Zurückziehen sind Versuche, dem Grundgefühl der Bedrohung auszuweichen. Und es sind genau die Empfindungen, die mit um so größerer Macht hervorbrechen, wenn die Diagnose „Krebs“ gestellt wird.
Hinter dem Krebs stehen häufige, nicht heilende seelische Wunden oder ein großes, nicht verarbeitetes traumatisches Erlebnis (Verlassenwerden in der Ehe, Verlust eines Kindes etc.), die eine existentielle Bedrohung für die Seele darstellen. Um das seelische Überleben zu gewährleisten, entlädt sich die Psyche ihrer lebensbedrohlichen Last auf der körperlichen Ebene – in Form von Krebs. Dieser Prozess wird in der Psychologie auch als „Konversion“ bezeichnet und findet auch bei vielen anderen Erkrankungen statt.
Bezeichnenderweise vollzieht sich auch auf der zellulären Ebene eine Konversion. Die durch zahlreiche Stressoren in ihrem Überleben bedrohte Zelle wandelt sich zurück in ein embryonal-ähnliches Stadium. Die Kraft des Lebenswillens, die starke Energie des Lebensstromes bricht beim Krebs in einer ungezügelten Form hervor.